Baden-Wuerttemberg

Gemeinde Malsch (bei Wiesloch)

In gespaltenem Schild vorn in Blau ein halbes, geschliffenes silbernes Kreuz, am Spalt errichtet, hinten in Rot das silberne Dorfzeichen, ein aufrechtes Oval, quer geteilt.

Die Form des in der Gegenwart von der Gemeinde Malsch benützten Siegels ist seit dem Jahre 1900 gebräuchlich. Es liegt ihm ein vom Generallandesarchiv (GLA) gefertigter, vom damaligen Gemeinderat der Gemeinde Malsch in der Amtszeit von Bürgermeister Daniel Maier angenommener Entwurf zugrunde.

Das Wappen erinnert an die jahrhundertelange Zugehörigkeit des Weinortes Malsch zum weltlichen Territorium des Bistums Speyer. Malsch war einst Teil der Abtei Mosbach, wurde mit dieser zusammen 976 von Kaiser Otto II. dem Bischof von Worms geschenkt. Im Jahre 1302 überließ Bischof Eberhard von Worms seine Rechte im Dorf einschließlich der Ortsgerichtsbarkeit dem Hochstift Speyer.

Das Dorfzeichen stellt laut Auskunft des GLA in der Formsprache der Heraldik einen sogenannten „Sester“, ein altes badisches Getreidemaß dar. Die Deutung des GLA beläßt jedoch Zweifel, weil die bis in die jüngste Zeit hinein von den Landwirten des Ortes bei der Tierfütterung als Maßbecher benutzten und da und dort noch greifbar aufbewahrten „Sester“ oder „Simmer“ ausnahmslos runde Formen besitzen.

Die „waagrecht durchgestrichene Null“ gibt zu einer gut erfundenen Anekdote Anlaß. Die Malscher, so erzählt der Volksmund von Generation zu Generation, haben Fürstbischof Damian August Philipp Karl von Limburg-Styrum, dem von 1770 bis 1797 im Bistum Speyer residierenden Neffen von Kardinal Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn (1719-1743), gelegentlich einer Visite im Kraichgau die Durchfahrt ihres Ortes verwehrt, angeblich mit dem Ruf vom verriegelten Tor am westlichen Ortseingang: „Bischof Styrum fahr' hinten rum.“

Als Strafe für diese Unbotmäßigkeit soll der Gnädigste Herr den aufsässigen Einwohnern des Weinortes mit der Dorfgerichtsbarkeit auch die Führung des bis dahin mit einer Traube geschmückten Ortssiegels untersagt haben. An deren Stelle mußte das Dorf eine „durchgestrichene Null“ in sein Siegel übernehmen, als Ausdruck dafür, daß seine Bewohner „noch weniger wert als eine Null“ seien. Die mündliche Überlieferung birgt zwei Wahrheiten, doch trat irgendwann eine Verwechslung von Zeit und Zusammenhang der Ereignisse ein. Es waren in Wirklichkeit Bischof Georg, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern, von 1513 bis 1529 Herr im Bistum Speyer, und dessen Bruder Ludwig V., von 1508 bis 1544 in Heidelberg residierender Kurfürst von der Pfalz, die nach der Niederwerfung der aufrührerischen Bauern im Bruhrain 1525 allen am Aufstand beteiligten Gemeinden als Strafe Gerichtsbarkeit und Siegelführung entzogen. Ein Abdruck des ehemals gebräuchlichen Gemeinde- und Gerichtssiegels mit der Traube als Dorfzeichen und der Umschrift „Sigilum schultheis und gericht zue Malsch“ ist aus den Jahren 1494 und 1523 erhalten. Die 1824 aus der Gemeinde Malsch hervorgegangene, jetzt der Stadt Rauenberg eingegliederte Gemeinde Malschenberg, nahm bei ihrer Verselbständigung die Traube als Dorfzeichen in ihr Wappen auf.

Das von Malsch im Jahre 1900 in das Gemeindesiegel und Gemeindewappen übernommene Dorfzeichen ist der ebenfalls beim GLA verwahrten Urkunde 42/205 vom 1. Oktober 1775 entlehnt. Der an das Pergament mit gedrehter silber- und blaufarbiger Kordel, den Farben des Bistums Speyer, gebundene Siegelabdruck auf am Rande beschädigtem roten Siegellack zeigt in der Mitte des Wappenschildes deutlich ein aufrechtes Oval, quer geteilt. Der Schild, dessen nach innen gebuchtete Seiten vorn und hinten spiegelbildlich angeordnete geometrische Ornamente flankieren, trägt obenauf als Ausschmückung ein Gesicht zwischen Flügeln. Die sehr gut leserliche Umschrift lautet: Der Malscher Gerichts-Insigel.

Urkunde und Siegel stammen aus der Zeit von Fürstbischof Damian August von Limburg-Styrum. Der am 16.9.1770 in der Hofkirche zu Bruchsal zum Bischof gewählte Domdechant ließ sich 1771 im Bruchsaler Schloß huldigen, was aus jedem Ort drei Mitglieder des Gerichts, darunter der Schultheiß und drei unbescholtene Männer zu tun hatten. Auf die zuvor üblichen Huldigungsgeschenke verzichtete der ansonsten strenge Kirchenfürst.

Das Hochstift Speyer verdankt Fürstbischof Styrum eine grundlegende Neuordnung des Schulwesens, des Justiz- und Polizeiwesens. Er setzte am 1. April 1785 eine neue mustergültige Gemeindeordnung in Kraft. Anordnungen über die Entwicklung des Bankwesens, der Freischulen und des Feuerlöschwesens waren schon 1772 bei der Einleitung seiner Reformen ergangen. Als Domdechant betrieb Damian August von Limburg-Styrum den Wiederaufbau des Speyerer Doms; zum Oberhirten berufen, brachte er die Bauarbeiten gegen den Widerstand des Domkapitels, das nur sehr knausrig Baugeld bewilligte, richtig inSchwung, um sie 1778 zu vollenden. Strenge Verordnungen ergingen zur Regelung und Förderung des Weinbaus, bezüglich der Kellerwirtschaft und für den Weinhandel, der wie fast alle anderen Wirtschaftsbereiche eine enorme Belebung erfuhr.

Die Gemeinde Malsch mit ihrer 677 Hektar großen Gemarkungsfläche bot selbst zur Zeit, als die 259 Hektar große Gemarkung Malschenberg noch angegliedert war, im Vergleich zu den Dörfern in den weiten Ebenen beiderseits des Rheins nie die natürlichen Voraussetzungen einer Kornkammer für das Bistum. Der Weinbau hingegen ist schon mindestens seit dem Hochmittelalter am Letzenberg heimisch. Da liegt bei der steten Verbundenheit und großen Liebe der Malscher zum Wein viel eher die Vermutung nahe, daß das ovale, aufrechte und quergeteilte Ortszeichen den Faßboden eines im Kraichgau überall zu findenden Ovalfasses mit einer Sprieße als Stütze des Faßbodens darstellen soll.