Nordrhein-Westfalen

Stadt Stolberg (Rhld)

Das Stolberger Wappen zeigt einen roten mit goldenen Schindeln bestreuten Schild, darin einen aufgerichteten, nach rechts springenden Löwen, der mit einem Turnierkragen überlegt ist. Der Turnierkragen, auch Bank, Steg, Brücke genannt, besitzt die Gestalt eines abwärts gezinnten Balkens mit fünf Zinnen oder Lätzen.

Es zeugt vom historischen Sinn der Selbstverwaltungsorgane und der Bürgerschaft, als sie sich 1880 für dieses Wappen entschieden, das zurückgeht auf Siegel und Wappen der ehemaligen Burgherren. Denn ihnen und dem Bau der Burg, die noch heute das Wahrzeichen der Stadt ist, verdankt Stolberg Entstehung und Namen.
Im "Stolberger Anzeiger" vom 3. Juli 1878 erzählt der damalige Bürgermeister von Werner von seinen Bemühungen, für die hiesige Stadt ein ihr würdiges und passendes Wappen ausfindig zu machen, da das Fehlen eines Stadtwappens bereits zum Öfteren unangenehm empfunden worden sei. Besonders empfindlich sei der Mangel bei solchen Gelegenheiten und größeren nationalen Veranstaltungen, wo die Wappen zur Ausschmückung der Festräume dienen und gewissermaßen die Städte repräsentieren, denen sie angehören. Es war dies beispielsweise noch vor kurzem bei der am 26. September vorigen Jahres in Köln stattgefundenen Enthüllungsfeier des Denkmals Königs Friedrich Wilhelm III. der Fall, wo fast alle Städte der Rheinprovinz durch ihre Wappen auf dem Festplatze vertreten waren, dem Verwaltungsausschuss für die Errichtung des Denkmals auf sein Ersuchen wegen Mitteilung des Wappens von Stolberg aber erwidert werden musste, dass die hiesige Stadt überhaupt nicht im Besitze eines Wappens sei.
Von Werner erzählt weiter, dass er ein Siegel, die göttliche Dreifaltigkeit darstellend, das er an vielen alten Urkunden fand, als Stadtwappen übernehmen wolle. Die Königliche Regierung lehnte jedoch die Verleihung nach Rücksprache mit dem Königlichen Staats-Archiv in Düsseldorf mit folgenden Begründungen ab: das fragliche Siegel sei nicht, wie von Werner annahm, das Stolberger Gemeindesiegel gewesen, sondern das Siegel des zur Jülicher Herrschaft gehörenden Schöffengerichtes zu Stolberg, das von der Gemeindeverwaltung Stolberg unabhängig war, so dass eine historische Begründung zur Führung des betreffenden Schöffensiegels als Stadtsiegel nicht erbracht werden könne; ferner weiche es vom heraldischen Brauch ab, die heilige Dreieinigkeit in einem Stadtwappen zu führen.
Das Staatsarchiv schlug dem Bürgermeister von Werner deshalb vor, dass die Stadt lieber das Wappen der alten Dynasten von Stolberg resp. Stailberg als ihr Wappen annehmen möchte, das Wappen der Edelherren von Stolberg-Frenz-Setterich, das sich unzweifelhaft aus aufgesuchten Urkunden der Jahre 1287, 1304, 1331 und 1335 ergebe. Dieser Vorschlag wurde von der Stadt Stolberg angenommen und erhielt im Jahre 1880, 24 Jahre nach der Verleihung der Stadtrechte, Rechtswirksamkeit durch "Allerhöchste Kabinettsordre" des Königs von Preußen. Das Stolberger Stadtwappen zeigt einen aufgerichteten, rechts springenden, silbernen Löwen in einem mit goldenen Steinen besäten roten Feld, über das in der Mitte ein schwarzer, mit fünf hängenden Zinken versehener Balken gelegt ist. Mit dieser Verleihung kam also das Wappen wieder zu Ehren, das seit dem 13. Jahrhundert mit der Geschichte Stolbergs verknüpft ist: Der Wappenschild der Edelherren von Stolberg-Frenz-Setterich, die die Burg Stolberg besaßen. Die Deutung des Stolberger Stadtwappens kann deshalb auch nur auf dem Wege über dieses Adelsgeschlecht zu einem wissenschaftlich einwandfreien Ergebnis führen. Die Edelherren von Frenz sind aus dem Limburgischen Herzoghaus hervorgegangen. Als Wappen übernahmen sie - mit ganz leichter Abwandlung - den Limburger Wappenlöwen.
Der Löwe ist neben dem Adler das am häufigsten verwendete Wappentier der Ritterzeit. In der mittelalterlichen Symbolik, deren Hauptquelle eine kleine lateinische Schrift, der "Physiologus" ist, gilt jedes Tier als Sinnbild bestimmter Eigenschaften. Der Löwe ist das Sinnbild des Mutes und der Stärke, der Adler das Sinnbild des Reichtums und der Freigiebigkeit. In der Rangordnung der Tiere, die ebenfalls bis ins 18. Jahrhundert hinein eine große Rolle spielt, steht der Löwe sehr hoch wie alle wilden Tiere, die dem Menschen nicht dienstbar sind.
Zur heraldischen Unterscheidung ihres Hauses von dem limburgischen Stammgeschlecht fügten die Herren von Frenz nach damaligem Brauch dem limburgischen Löwen Attribute bei: den gezinkten Balken, der in der Heraldik Turnierkragen genannt wird, und die kleinen Steine, Schindeln genannt. Beide Attribute, sowohl Schindeln wie Turnierkragen, sind besonders in der rheinischen Heraldik sehr häufig angewandte Unterscheidungszeichen für jüngere Nebenlinien großer Geschlechter.
Man nimmt an, dass der Turnierkragen nicht nur in den Wappen, sondern auch persönlich als kragenförmig geschnittenes Tuch mit einzelnen abhängenden Lätzen von den Nachgeborenen und deren Familien getragen wurde. In Schilden und Wappen treten die Turnierkragen schon sehr früh auf, anfänglich oft kragenartig gebogen, dann immer in der gleichen stilisierten Form als Balken mit hängenden Lätzen. Meist steht der Turnierkragen im Wappenhaupt, seltener - wie bei den Herren von Frenz - in der Mitte des Wappenfeldes. Die Anzahl der Lätze ist willkürlich, sie schwankt zwischen drei und sieben; bei den Herren von Frenz waren es fünf Lätze. Sie werden - wie andere ebenso klein gewählte, nur als Beizeichen Sinn tragende Figuren, z. B. Kreuzchen, Hermelinschwänze, Linien, Sterne, Kronen - über die freien Stellen des Wappenfeldes verstreut. In der Heraldik spricht man dann, ohne Meinung einer Zahl, einfach vom übersäten Feld.
Die ältesten bekannten Siegel der Edelherren von Frenz zeigen den hier beschriebenen Wappenschild. Sie stammen, wie das Staats-Archiv Bürgermeister von Werner schon mitteilte, aus dem 13. Jahrhundert, d. h. aus der Zeit als Stolberg in den Besitz der Edelherren überging. Diesen frühen Zeugnissen und den vielfältigen Schicksalen der Herren von Stolberg-Frenz-Setterich, aus deren Stamm bis zum 19. Jahrhundert immer wieder die Besitzer der Stolberger Burg hervorgingen, ist bereits 1893 von E. von Oidtmann mit wissenschaftlicher Genauigkeit nachgegangen worden.