Niedersachsen

Stadtteil Osterwald Unterende

In Rot unter goldenem Schildhaupt, darin ein Eichenzweig mit vier grünen Blättern und zwei grünen Eicheln, ein silberner Koppelknecht, der mit der Rechten ein silbernes Pferd am Zügel führt und in der Linken einen silbernen Knotenstock hält.

Für Osterwald-Unterende (und -Oberende) sind die folgenden Umstände wesentlich:

1.) Die beiden Gemeinden bilden langgestreckte Hagendörfer, deren Ursprünge im 12/13. Jahrhundert zu suchen sind.
Die Bewohner unterschieden sich sehr wesentlich von denen der Nachbardörfer in Bezug auf ihre Rechte, z.T. auch ihre Beschäftigung. Sie waren persönlich frei, im Gegensatz zu den eigenhörigen Bauern der Umgebung.

2.) In der weiteren Umgebung, früher auch bis weit über die Grenzen Niedersachsens, waren die Osterwalder als ,,Koppelknechte bekannt, d.h., sie brachten die Pferde in sogenannte Koppeln im Auftrag von hannoverschen Händlern, z.B. aus Belgien nach Ostpreußen, von Ostfriesland nach Sachsen usw.

Diese beiden Tatsachen müssen vor allen anderen in dem Wappen Berücksichtigung finden.

I. Der grüne Zweig als Symbol für Hagendorf, Ortsnamen, alte Gerichtsverhältnisse.
Die erste Nennung des Dorfes ist im Jahre 1247 bezeugt, steht.im Zusammenhang mit den Grafen von Roden und Wunstorf und bezeichnet den Ort ausdrücklich als Hagen. Das Original ist nicht mehr vorhanden. Abschriften oder Regesten sind u.a. bei Leibniz (Schriften Bd, 11, Nr. 84) und Würdtwein, Subo, diplom VI, S. 423, zu finden. Das Dorf und der Zehnte wurden in diesem Jahre von den Grafen an den Bischof von Minden resigniert. Über die alten Verhältnisse ist Genaueres bei Spieß, Die Großvogtei Calenherg, Kap. V, nachzulesen. Danach gehörte Osterwald bis um 1600 zu dem Holzgericht Engelbostel und lag bis 1248 im Bereich des Goes dieses Namens.
Die Befreiung vom Gogericht wird folgendermaßen bestätigt: (Hann. Des. 74, Langenhagen I c Nr. 1 v. 1590) Tho wetten dat de hegers befryet dat Be up keinen andern Gerichte, Dan allehne dem hegerricht up Jemands anolage antworden dorffen.
Nach hierin verzeichneten Urteilen aus den Jahren 1543 ff. wurde das Ge-richt auf dem Kirchhof im Beisein des gantzen Caspels abgehalten.
Eine sehr wesentliche Aufgabe des Hägergerichts war die Übereignung der Höfe vom Vater auf den Sohn und vom Verkäufer auf den Käufer. Auch dies geschah ,,nach heger rechte und gewonheit, mit einem gronen twige bei den Gerichtstagen auf dem Kirchhof. Das ist nicht nur von Langenhagen, sondern auch für die schaumburglippischen Hagendörfer zu belegen (1. Krohn). Wie lange sich eine gewisse Eigenständigkeit in Osterwald gehalten hat, bezeugt in Rann. Des. 74, Neustadt a. Rbge. II 5 1 Nr. 4 der Vermerk von 1715, daß sich die Osterwalder das lantgericht über das Dorf angemaßt hätten.

Das Symbol des grünen Eichenastes (die alten Waldungen um den Ort hatten fast ausschließlich Eichbäume) erscheint demnach als Zeichen für das Hageltdorf, die Gerichtsverhältnisse, die persönliche Freiheit und das Eigentum, nicht zuletzt auch für den Ortsnamen am passendsten zu sein.

II. Der silberne Koppelknecht mit dem Pferd auf rotem Grund:

Während das erste Symbol nicht allgemein verständlich sein dürfte, ist dies beim Koppelknecht der Fall. Im Gegensatz zu dem Eichenzweig gehört er der jüngeren Geschichte an. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Einwohner ging dem Gewerbe nach. Vielfach zogen aber schon 14-15jährige Jungen als Koppelknechte mit.
Heute ist der Beruf ausgestorben, doch leben jetzt noch mehrere alte Männer, die ihn ausgeübt haben.
In weitem Umkreis spricht man noch heute von den Osterwalder Koppelknechten.
Ein erster Hinweis für die Tätigkeit findet sich im Jahre 1760 (Hann. 74, Nellstadt TI 51 Nr. 4).
Für frühere Zeiten sind außerdem folgende Vorläufer des Gewerbes bezeugt:

1.) Ein Landsknecht Johann Osterwalt, der sich vermutlich nach seinem Heimatort so nannte, brachte 1558 im Auftrag des Herzogs Erich II. 24 Pferde als Geschenk für den König von Spanien nach Deventer (Calbg. 2, Calbg.16).

2.) Die Bewohner des Amts Ricklingen, besonders von Osterwald, werden 1639 vorwiegend als Vieh- und Pferdehändler beschrieben, die einigen Wohlstand bewahren konnten (Calbg. 16, B 12 Nr. 82).

3.) Zwei Grabsteine von 1674 und 1675 wurden für hiesige Pferdehändler gesetzt (S. Karpa, Kunstdenkmäler des Kreises Neustadt).

4.) Die Kopfsteuerbeschreibung von 1689 weist für Osterwald 24 Pferdehändler und 6 Schweinekäufer aus.

Aus verschiedenen Gründen wurde der Pferdehandel im Laufe des 18. Jahrhunderts in die Städte verlagert. Auch die Langenhäger hatten vorher den Pferdehandel betrieben. Während sie auf den Beruf des Frachtfahrers auswichen, wählten die Osterwalder den des Koppelknechts. Im Auftrag der besonders in Hannover sitzenden Viehhändler reisten sie nun als deren Angestellte über Land.

Das Äußere der Koppelknechte ist mehrfachem Wandel unterworfen worden. Älteste bekannte Kleidungsstücke waren ein blauer Kittel, Lederhose und -stiefel, ein Zylinder als Kopfbedeckung (s. Neckscher. Volkskunde des Kreises Neustadt a. Rbge. auf Seiten 192 u. 744).

In der letzten Zeit wurden meistens sogenannte Schlägermützen, Jacken mit .großen Taschen, enge Hosen mit Gamaschen getragen. Anstatt eines Quersacks (Twerhüdel) nahm man gewöhnlich eine aufgerollte Schlafdecke mit. Der Knotenstock vervollständigte die Ausrüstung; das Pferd gehörte selbstverständlich hinzu.

Die letzte Tracht wurde bei der Darstellung zum Vorbild genommen, da sie in der Erinnerung weiter fortlebt.

Es ergibt sich hieraus, daß der Koppelknecht als Symbol für Osterwald wohl am besten geeignet ist. Eine weitere Vereinfachung dieses Teils des Wappens ist nicht ratsam, denn erst die Beziehungen von Mensch und Tier machen das Bild verständlich; die Darstellung ist nicht als naturalistisch anzusehen.

Entwurf: Werner Kaemling