Brandenburg

Stadt Beelitz

Das Wappen der Stadt zeigt in Silber den roten brandenburgischen Adler mit goldenen Kleeblattstengeln auf den Saxen, in den Fängen rechts einen Schlüssel und links einen Halbmond in Gold, bekrönt von einer dreifach gezinnten grauen Mauerkrone.

Wappen und Siegel von Beelitz
Historische Überlegungen zu Alter und Bedeutung der Stadtsymbole
Von Gebhard Falk
Stadtwappen sind Hoheitszeichen. Sie verkörpern die Identität einer Stadt. Die Verordnung über Kommunale Hoheitszeichen vom 30. Mai 1991 und die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vom 15. Oktober 1993 räumen den Städten das Recht ein, ein Stadtwappen zu führen, und dieses auch im Dienstsiegel und auf der Stadtflagge zu zeigen. Beelitz hat davon unmittelbar nach der Wende Gebrauch gemacht und sich das bis zum Zweiten Weltkrieg geführte Stadtwappen vom Ministerium des Innern am 10. Januar 1992 erneut bestätigen lassen. Es zeigt "in Silber einen goldbewehrten roten Adler mit goldenen Kleeblattstengeln auf den Saxen (Flügelknochen), in den Fängen rechts einen Schlüssel und links einen Halbmond von Gold ". Rechts und links werden dabei in der Heraldik vom Schildträger aus und nicht in Draufsicht beschrieben. In manchen Darstellungen wird der Schild von einer dreifach gezinnten roten Mauer bekrönt. Mauerkronen gelten heute in der brandenburgischen Kommunalheraldik als überflüssige Zutat,weil sie auf besonderen Wunsch Kaiser Wilhelms II. erst in den neunziger Jahren 19. Jahrhunderts eingeführt wurden und eine nur damals rechtsbedeutsame Größenklassifikation der Städte kundgaben.
Der Bürger unserer Tage fragt nicht nur nach dem Alter, sondern auch nach Entstehungsursachen und Bedeutung der im Stadtwappen von Beelitz dargestellten Symbolik. Auf diese Fragen Antworten zu finden, soll versucht werden, es nicht leicht ist, in die Gedankenwelt des Miittelalters einzudringen, und manche Details auch künftig umstritten bleiben werden.
Wappen repräsentieren ursprünglich Personen, nicht Institutionen. So begegnen uns in anderen Orten farbige Stadtwappen als Schmuck in den Kirchen oder Rathäusern nur vereinzelt seit dem späten Mittelalter, sonst meist erst seit dem 18. und 19. Jahrhundert. Zuvor aber taucht die jeweilige Symbolik bereits in farblosen Wachsiegeln, später auch auf Papierprägesiegeln auf. Denn nachdem sich in Brandenburg im 13. und 14. Jahrhundert städtische Gemeinwesen entwickelt hatten, erlangten sie auch die Berechtigung, ihre Rechtsakte durch Besiegelung zu bekräftigen.
Die ältesten Siegel zeigen lediglich eine allgemeine Stadtsymbolik mit Burgtor und Türmen, doch traten noch in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Stadtherren als Ganzfigur oder durch ihren Wappenschild ins Bild. Erst in einer zweiten Phase, nachdem einige Generationen von Stadtbürgern herangewachsen waren, bemühten sich diese, das Individuelle ihrer Heimatstadt durch Hinzufügen redender Symbole, z.B. den Bär für Berlin und Bernau oder einen Baum für Orte mit den Namen -walde, zu betonen. Diesen Zweck erfüllten auch Kennzeichen, die auf die Wirtschaftsschwerpunkte hinwiesen, z.B. Fische bei Teupitz, Pritzerbe oder Köpenick. Aus Platzmangel ging dann das Befestigungsmotiv zum Teil verloren, oder es wurde von vorherein darauf verzichtet. Zu dieser letzten Gruppe gehört das älteste für Beelitz an einer Urkunde vom 11. Januar 1365 überlieferte Siegel.
Dieses sogenannte Hauptsiegel hat die Form eines gotischen Spitzschildes von 50mm Breite und 60 mm Höhe. Die beschädigte Umschrift steht in einem umlaufenden Perlenband. Sie lautet ergänzt: + SI (GIL) LVM BVRG (EN) SIVM IN BELIZ; also Siegel der Bürger in Beelitz. Sowohl das Wort burgensium als die Analyse der Buchstabenformen lassen es zu, den zugehörigen Prägestempel durchaus früher, jedoch nicht älter als um das Jahr 1300, zu datieren. Das Feld zeigt einen aufrechten Schlüssel mit rechtsgewendetem Bart, beiderseits begleitet von zwei Sicheln des aufgehenden Halbmondes. Die Freiflächen des Hintergrundes sind mit feinen Blütenranken bedeckt. Sie dienen allerdings wie die Ornamentierung auf dem Goldgrund zeitgenössischer gotischer Bildwerke lediglich der Füllung der Leerräume. Zum Hauptsiegel gesellte sich später ein ebenfalls schildförmiges, kleineres sogenanntes Secretsiegel von etwa 30mm Breite und 35mm Höhe. Darauf ist der Schlüssel etwas nach unten gerückt, um darüber einem Adler mit ausgebreiteten Flügeln Platz zu machen. Neben den Figuren finden wir beiderseits in der Mitte wieder die Mondsichel. Das ebenfalls aus Naturwachs gefertigte Siegel ist mehrfach zwischen 1430 und 1463 belegt. Es trägt die Umschrift: + SECRETUM CIVITATIS BELIZ; also Geheimsiegel der Stadt Beelitz. Sein Prägestempel dürfte noch dem 14. Jahrhundert angehören, weil er statt der im 15. Jahrhundert üblichen gotischen Minuskeln (Kleinbuchstaben) noch eine Mischung von Kapital - und Unzialmajuskeln (Großbuchstaben) zeigt. Doch fehlen eben ältere Orginalabdrucke. Damit sind alle drei Siegelbilder - der Schlüssel , die Monde und der Adler -, die noch heute das Wappen von Beelitz schmücken, in die Stadtgeschichte eingetreten. Der Adler ist leicht als das Symbol der Markgrafen von Brandenburg als Zeichen des Stadtherren zu bestimmen. Was aber können Schlüssel und Mond bedeuten?
Betrachten wir zunächst das Mondmotiv. Noch in der erstmalig zusammenfassenden und systematisch vergleichenden Analyse aller brandenburgischen Stadtwappen hat Johannes Schulze 1937 die den Schlüssel begleitenden Monde lediglich als "dekorative Beigabe" bezeichnet. Nun ist aber zu bedenken, daß da, wo die Mondsichel in der mittelalterlichen Symbolik auftaucht, die Gottesmutter Maria gemeint sein kann. Sie wird in Anlehnung an den Bibeltext der Offenbarung (Kap.12,1) mit der Erscheinung des "apokalyptischen Weibes" vergleichen, dargestellt seit Ende des 12. Jahrhunderts mit dem Mond zu Füßen, der Sonne bekleidet und von Sternen bekränzt. So finden wir im Wappen des der Maria und dem Heiligen Adalbert geweihten Domstifts Lebus und in Siegeln der Lebuser Bischöfe neben den Marterwerkzeugen des Heiligen auch Halbmond und Stern. Diese Attribute wurden auch übertragen in das Wappen der stiftsangehörigen Stadt Seelow. Die Stadt Halle (Saale) zeigte im 14. Jahrhundert im großen Ratssiegel die thronende Maria und zu ihren Füßen einen kleinen Schild mit Halbmond zwischen zwei Sternen. Er bildet bis heute das Stadtwappen und verweist auf die Stadtkirche St. Marien. Die kleine altmärkische Stadt Werben an der Elbe, die zunächst nur den roten Adler des märkischen Stadtherrn im Wappen führte, fügte in Mitte des 16. Jahrhunderts Mond und Stern als Beizeichen über dem Adler schwebend in das Siegelbild ein, nachdem sie infolge der Reformation das Patronat über die bis dahin dem Johaniterorden zugehörige Marienkirche als Stadtkirche erlangt hatte. So liegt der Gedanke nahe, daß die Beelitzer Bürger ihre Stadtkirche St. Marien, nachdem sie durch ein Hostienwunder seit 1247 landesweit bekannt und zur Wallfahrtsstätte geworden war, für das entscheidende spezifische Merkmal ihrer Stadt gegenüber anderen Städten hielten. Im Siegelbild wurde das dann durch die Monde zum Ausdruck gebracht. Sie stehen parallel und nicht symmetrisch, weil ein zunehmender und ein abnehmender Mond den hier nicht beabsichtigten Gedanken des Werdens und Vergehens assoziirt hätten. Warum an Stelle eines Sternes eine zweite Mondsichel gewählt wurde, wird ungeklärt bleiben. Immerhin wird in der mittelalterlichen Zahlensymbolik mit der Zwei auch der Zwiespalt zwischen göttlicher und menschlicher Natur angedeutet. Dieser führt zur Sünde und Strafe, aus der in damaliger Sicht nur die Fürbitte der Heiligen und ein Sündenablaß befreien kann. Das führt zum Schlüssel. Er ist in der Regel das Attribut des Apostels Petrus. Jesus übertrug ihm nach Matth.16,19 "des Himmelreichs Schlüssel" mit den Worten: "Alles,was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein". Diese Vollmacht ist auf den Papst, der die Nachfolge des Apostels beansprucht, und seine Bischöfe übergegangen. Für Beelitz kann das in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvoll sein.
Zum Ersten: Am 22. August 1247 versprach der zuständige Bischof Rutger von Brandenburg allen Gläubigen, die künftig am Tage nach Mariae Himmelfahrt (also einen Tag nach dem 15. August) nach Beelitz zur Verehrung der Wunderbluthostie kämen, einen vierzigtägigen Ablaß Damals war der Ort gerade dabei, sich zu einem Marktflecken zu entwickeln und wurde daher erstmals als oppidum (Städtchen) angesprochen. Für die Bürger und die Wallfahrer wurde der Bau einer großen Kirche nötig. Die Bischöfe der Nachbardiözesen Meißen und Havelberg versprachen 1252 Ablaß für Bauspenden. Die Einkünfte flossen reichlich. Der Erzbischof von Magdeburg als damaliger Landesherr von Beelitz unterstellte die Marienkirche dem Patronat des 1221 gegründeten Zisterzienser-Nonnenkloster St. Laurentius in Magdeburg-Neustadt und überwies die finanziellen Überschüsse dorthin. Beelitz war durch den Ablaß berühmt geworden.
Zum Zweiten: Die Wallfahrten waren durch den geistlichen zuständigen Bischof von Brandenburg eingeführt worden: Dessen Dom war dem Apostel Petrus geweiht. Das Stiftswappen zeigt daher zwei Schlüssel. Aus dem Jahre 1307 ist eine Urkunde überliefert, nach der Bischof Friederich in seiner Stadt Ketzin Hufenland verkauft, mit der Absichtserklärung, das Geld beim Kauf von "Stadt und Land Beelitz" zu verwenden. Historiker haben daraus geschlossen, daß der Bischof seit 1307 nicht nur geistlicher Oberhirte sondern auch Landesherr von Beelitz war und diesen durch den Schlüssel als Stadtherr im Wappen ausdrücken ließ. Die Stadt müßte dann erst unter ihm 1307 volle Stadtrechte erlangt haben. Tatsächlich ist die Urkunde die erste erhaltene, in der sie als civitas (Stadt) bezeichnet ist. Das Siegel könnte dann ebenfalls nicht vor 1307 enstanden sein. Andere Indizien, die hier im einzelnen nicht dargelegt werden können, lassen aber darauf schließen, daß Beelitz spätestens am Ende des 13. Jahrhunderts aus dem Besitz des Magdeburger Erzbischofs in die Hand der Markgrafen von Brandenburg gelangt sein muß. Nach deren Aussterben (1319) begegnet uns Beelitz 1321 und 1323 in Bündnisurkunden in einer Reihe mit den anderen zur Mittelmark gehörigen Städten. Es gibt auch keine andere Beweise, daß der Bischof von Brandenburg Beelitz tatsächlich käuflich oder als Pfandbesitz erworben und zwischen 1307 und 1321 besessen hat. Es ist also nicht eindeutig, ob die erst zwei Jahrzehnte währende Herrschaft der Askanier über die Stadt am Anfang des 14 . Jahrhunderts wieder unterbrochen war.
Zum Dritten: Nach dem Jahre 1319 bemächtigten sich die benachbarten Fürsten der herrenlosen Markgrafschaft, um ein Pfand für die Neuvergabe durch den Kaiser in der Hand zu haben. Unmittelbare Nachbarn von Beelitz waren die in Wittenberg residierenden Herzöge von Sachsen, ebenfalls Nachkommen Albrechts des Bären, nur nicht unmittelbar erbberechtigt Wie die mecklenburgischen Fürsten die Prignitz, die pommerschen Herzöge die Uckermark, so erklärte Herzog Rudolf von Sachsen die Territorien Teltow und Zauche für reichsunmittelbare Kirchenlehen und ließ sich von der Reichsäbtissen von Quedlinburg damit belehnen. Den Anspruch, Herrin dieser Territorien zu sein, hatte das Reichtsstift seit den Tagen Kaiser Otto III. (983-1002) gestellt, aber nie verwirklichen können. So war die Äbtissin 1320 gern bereit, die ihr in der Kanzlei des Herzogs zur Beglaubigung vorbereiten Belehnungsurkunden anzufertigen. Stiftspatron der Abtei Quedlinburg ist der Heilige Servatius, ein in der Ketzerbekämpfung bewährter Bischof, gestorben 387 in Maastricht, dessen Gebeine dort und seit 1200 auch in Quedlinburg verwahrt und verehrt wurden. Auch sein Attribut war ein Schlüssel! Nach einer späteren Legende soll ihn Servatius auf einer Romreise vom Heiligen Petrus erhalten haben, um allen das ewige Leben aufzuschließen.
In der Urkunde von 1321 verpflichten sich die mittelmärkischen Städte einschließlich Beelitz, Herzog Rudolf zu unterstützen. Selbst nachdem der Kaiser Ludwig aus dem Hause Wittelsbach die Mark Brandenburg zur Stärkung seiner eigenen Hausmacht an seinen unmündigen Sohn Ludwig übertragen hatte, war dessen Landesverwalter Berthold von Henneberg 1328 genötigt, die Lausitz und die Städte der Zauche (Beelitz, Brietzen, Görtzke) für 12 Jahre an Herzog Rudolf zu verkaufen. Im Jahre 1333 wird der junge Wittelsbacher mündig, läßt sich 1336 in Wittenberg diesmal vom Erzbischof von Magdeburg mit der Zauche belehnen und erreicht, daß die märkischen Stände ihm 1338 die Mittel zur vorzeitigen Pfandauslösung bewilligen. Seitdem blieb Beelitz dem Wittelsbacher ergeben und erhielt 1341 alle Rechte, Begnadungen, Freiheiten und Ehren bestätigt, die der Stadt von seinen Vorgängern als Markgrafen von Brandenburg gewährt worden waren. Auch in den Auseinandersetzungen der folgenden Jahre im Zusammenhang mit dem Auftauchen des von Herzog Rudolf und dem neuen Kaiser Karl IV. unterstützen "falschen Waldemar" hielt Beelitz zusammen mit (Treuen-) Brietzen den Markgrafen aus dem Hause Wittelsbach bis zu deren Ablösung durch die Luxenburger die Treue .
In dieser politisch verworrenen Periode von 1300 bis zum ersten überlieferten Abdruck 1365 ist das Beelitzer Siegel entstanden. Ob aber der Schlüssel mit der von Herzog Rudolf während der Okkupation 1320-1328 oder gar während der Pfandinhaberschaft von 1328-1338 vorgeschobenen Oberlehnsherrschaft des Stifts Quedlinburg in Verbindung gebracht werden kann, also ein Schlüssel des Servatius sei, ist verfassungsrechtlich doch fraglich.
Zum Vierten könnte schließlich die Vermutung auftauchen, daß der Schlüssel weder ein geistliches noch ein landesherrliches Symbol sei, sondern das Kennzeichen starker und wehrhafter Bürgerfreiheit. Prüfen wir die in anderen brandenburgischen Stadtwappen vorkommenden Schlüsselsymbole, so stehen sie stehts mit der Landeshoheit (Ziesar, Pritzerbe, Ketzin) oder dem geistlichen Patronat (Mittenwalde) des Bistums Brandenburg in Beziehung. Eine Ausnahme bildet nur Salzwedel. Mit dieser Haupstadt der Altmark als befestigtem Handels- und Hansezentrum aber kann sich Beelitz, dessen Wälle und Tore erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden, kaum vergleichen. Wahrscheinlich war der Siegelstempel in dieser Zeit längst vorhanden.
Die Herkunft des Schlüsselsymbols bleibt also nicht eindeutig zu lösen. Weil der Schlüssel nicht über den Halbmonden steht, wie für Stadtherrenzeichen üblich, sondern gleichberechtigt dazwischen, weil es nur ein Schlüssel ist und nicht zwei, wie im Stiftswappen von Brandenburg, enstehen Zweifel an der Stadtherrschaft des Bischofs von Brandenburg. Außerdem müßte man für einen solchen Fall annehmen, daß die ihm etwa nachfolgenden Landes- und Stadtherren ihr eignes Symbol an die Stelle des bischöflichen Zeichens gesetzt haben würden. Dies ist aber bei Beelitz nicht der Fall. Der Schlüssel könnte also nur ganz allgemein auf das in der Marienkirche zu Beelitz zu erwartende Heil für das ewige Leben hinweisen.
Auf dem anfangs beschriebenen Secretsiegel aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts steht über den Beelitzer Symbolen ein Adler und verkörpert die Herrschaft der Markgrafen von Brandenburg. Das unter Markgraf Otto I., dem Sohn Albrechts des Bären, 1170 erstmals überlieferte Adlermotiv der Askanier war längst zum Symbol des Territoriums geworden. Alle späteren Geschlechter, die mit der Markgrafenschaft belehnt wurden, stellten sich unter die Fahne mit den Adler und zeigten ihn auf ihren Wappenschild. Sie gaben ihn aber auch zum Zeichen ihrer Oberhoheit auf die Siegel der ihnen direkt unterstellten märkischen Städte weiter Es ist nicht überliefert, ob Beelitz den Adler noch unter den Wittelsbachern vor 1373 aufnehmen mußte, oder danach unter den Luxenburgern oder gar erst nach 1415 unter den Hohenzollern. Jedenfalls ziert der Adler bis heute das Wappen der Stadt. Mit zunehmender Macht der Landesherren wuchs der Adler zur Hauptfigur heran, der die ureigenen Erkennungsmerkmale der Stadt als unscheinbare Beizeichen an den Rand drängte.
Siegelstempel nutzen sich ab. Sie können in Kriegszeiten oder bei Brandkatastrophen verloren gehen. Sie müssen dann erneuert werden, was jedesmal im Stile der Zeit erfolgt und erkennbare Varianten zur Folge hat. Die Qualität hängt vom Können der Siegelstecher ab. Aus politischen Gründen können Siegel auch von den Machthabern außer Kraft gesetzt werden. Das geschah in Beelitz erst nach 1945.
Das Secretsiegel mit dem kleinen Adler ist zuletzt an einer Urkunde aus dem Jahre 1463 erhalten. Während blutiger Auseinandersetzungen der Hohenzollern um die Nachfolge in den schlesischen Fürstentümern brachte ein Anhänger des Hans von Sagan 1478 die Stadt Beelitz in seine Hand. Bei der Rückeroberung durch den Markgrafen Johann ging die Stadt völlig in Flammen auf. Danach begegnet 1495 anstelle des alten Spitzenschildsiegels ein rundes von 30mm Durchmesser, dessen Innenfeld vom Adler völlig ausgefüllt ist. Der Halbmond schwebt beim linken Fang, der Schlüssel ist durch Bruchschaden rechts nicht erkennbar. Die zerstörte Umschrift läßt Reste einer gotischen Minuskel erkennen.
Auch die Marienkirche war 1478 durch den Feind ausgeplündert und durch das eigene Heer niedergebrannt worden. Ablaßbriefe der Bischöfe von Brandenburg aus den Jahren 1478 und 1507 rufen zu Spenden für den Wiederaufbau auf. Dennoch sind schon vor der Einführung der Reformation in Beelitz (1529) die Heiligenattribute im Stadtsiegel zur Nebensache geworden. Seit der Niederwerfung der bürgerlichen Eigenständigkeit in Berlin 1442 demonstrieten die aus Franken ins Land gekommen Hohenzollern als Landesherren, besonders unter Kurfürst Joachim I. zwischen 1488 und 1490, auch gegenüber den anderen Städten der Mark ihre Macht. Das fand im Siegel von 1495 in der dominierenden Stellung des Adlers äußeren Ausdruck.
Als 1562 die Anfertigung eines neuen Siegels (27 mm) erforderlich wird, bleibt das Bild unverändert. Die Inschrift erfolgt in den jetzt üblichen Kapitalmajuskeln der Renaissancezeit: S CIVITATIS BELICZ. 1562. Ob dieser Stempel die Brände und Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges überstanden hat, wissen wir nicht. Die nächste überlieferte Fassung entstand nach dem Strandtbrand von 1694. Auch hier ist die Jahreszahl der Anfertigung festgehalten: SIGILLUM CIVATATIS BEELITZ. 1696. Jetzt umschließt der Adler den Schlüssel mit dem rechten, den Halbmond mit dem linken Fang. Es wird seitdem als großes Stadtsiegel unter Papiertektur auf Urkunden und noch 1810 als Briefverschluß in rotem Siegellack benutzt. Eine weitere Nachahmung mit der Jahreszahl 1696 erscheint als Stempel in ovaler Form (25 mm breit, 28 mm hoch) auf Protokollen des Magistrats zwischen 1824 und 1861.
Während bei den Fassungen des großen Stadtsiegels die Figur des Adlers mit den Beizeichen frei im Raum steht, zeigt das kleine runde Stadtsiegel den Adler im Innenfeld in einem Renaissanseschild mit gewundenen Flanken. Ein älteres Siegel (28 mm) ist belegt 1672. Das jüngere (22 mm) trägt die Umschrift, nur von einem äußeren Ring umgeben: SIGILLVM CIVITATIS BEELITZ. 1721. Abdrucke davon in roten Siegellack wurden aus der Zeit von 1726 bis 1855 beobachtet. Während das große Stadtsiegel von 1696 einen nach innen geöffneten und senkrechten Mond zeigt, liegt er im kleinen Siegel von 1721 waagerecht in den Fängen. Diese Form wird auch nach der Städtereform des Freiherrn von Stein in das vom Magistrat unabhängige Siegel (28 mm) mit der Umschrift: SIEGEL DER STADTVERORDNETEN ZU BEELITZ. 1809 übernommen.
Eine weitere Sonderform ist das Stadtgerichtssiegel des 18. Jahrhunderts, denn bis zur Wiederverstaatlichung als königliches Stadtgericht um 1810 oblag dem Magistrat auch die Gerichtsbarkeit. Die Umschrift lautet: MAGISTRAT DER CHURM. STADT BEELITZ. Der besondere Zweck des Siegels (30 mm) ist sofort an der Gerichtswaage zu erkennen, die der schrägfliegende Adler im linken Fang hält. Der hierher gehörige Mond ist deshalb auf den Schlüssel im rechten Fang gesteckt.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden dann Gummistempel statt der alten Mettalpetschafte verwendet. Sie tragen bis 1945 entsrechend der Kommunalverfassung die korrekte Beschriftung: MAGSTRAT ZU BEELITZ. Nach der Umbildung zum Rat der Stadt 1950 und der Einführung der Siegelordnung der DDR vom 28. Mai 1953 wurden die alten Siegel ungültig und durch die Organe des Innern eingezogen. Wann das von seinem Wesen her einfarbige Siegelbild erstmals als mehrfarbiges Wappenbild in Erscheinung trat, ist noch nicht ermittelt. Über die Farbgebung gab es jedoch nie verschiedene Auffassungen. Schon der von 1567 bis 1582 als Diakon an der Beelitzer Kirche wirkende Paul Creusing beschrieb den Adler im Stadtwappen in seiner "Märkischen Fürstenchronik" als von roter Farbe. Die Begründung, dies sei der blutigen Wendemission geschuldet, ist allerdings wiissenschaftlich unhaltbar. In seiner 1965 veröffentlichen Stadtchronik gibt der von 1612 bis 1673 als Pfarrer und Superintendent amtierende Heinrich Sebald dann eine Farbbeschreibung, die auch das weiße (silberne) Feld und den goldenen Schnabel erwähnt. Daß aber Ludwig der Ältere der Stadt das Recht verliehen habe, für ihre Treue in Abwehr des falschen Waldemar "alle federfreien Teile des Adlers in die Beizeichen zu vergolden," steht nicht in dem aus dem Jahr 1351 überlieferten Privileg und gehört in das Reich der Legenden, weil der märkische Adler stehts eine goldene Bewehrung trägt.
Die erste farbige Veröffentlichung des Stadtwappens befindet sich bei Otto Hupp 1896. Seine proportional ausgewogene Zeichnung mit den deutlich erkennbaren Beizeichen war der Stadt vor der Wiederverleihung im Jahre 1992 von heraldischen Beratern in Leipzig und Potsdam empfohlen worden. Auch das im Briefkopf der Stadt unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg benutzte Wappenbild wurde nicht aufgegriffen. Mann bediente sich dagegen der unschönen Bilder des kleinen Siegels von 1721 und seiner Folgestempel aus dem 19. Jahrhundert mit dem viel zu kleinen, nach oben offenen Mondschlüsselchen. Für die Zukunft wäre die Stadt mit einer zeitgemäßen grafischen Fassung gut beraten, ohne daß dadurch die Tradition Schaden nimmt.
Die Auswirkungen der deutschen Geschichte bis 1918 und bis 1945 hatten zur Folge, daß in den unter sowjetischer Besatzung stehenden deutschen Gebieten jede Art von Adler, gleich ob märkischer, preußischer oder Reichsadler, verfemt oder verbannt wurde. So wurde auch das Beelitzer Stadtwappen nach dem Zweiten Weltkrieg freiwillig oder auf Weisung nicht mehr öffentlich genutzt. Als aber.die Stadtverwaltung 1967 nach damaliger Kenntnis der historischen Quellen eine 750-Jahr-Feier der Ersterwähnung von Beelitz begehen wollte, gab sie dem Maler und Leiter des Heimatmuseums Kurt Verch den Auftrag, ein neues Stadtwappen zu entwerfen. Seine gelungende Idee war, das älteste Siegel zur Grundlage zu machen. Unter Beibehaltung roter Figuren in silbernem Feld stellte er die Monde symmetrisch beiderseits vom Schlüssel auf und erreichte ein ästhetisch ausgewogenes, historisch weitgehend begründetes Wappenbild, das bis 1991 benutzt wurde. In Vorfreude auf die Wiedererrichtung des Landes Brandenburg beschlossen die Stadtverordneten am 30.April 1990, den Adler in ihr Wappen zurückholen, und entschieden sich dabei für die Form des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Diese Entscheidung ist zu respektieren, aber zwingend war sie angesichts der damals nicht unbekannten Erstfassung der fast 700jährigen Siegeltradition nicht.
Abschließend möge eine Bemerkung zu den Stadtfarben, die sich in der Stadtflagge repräsentieren, folgen. Sie sind stets abhängig von den Farben des Wappens. Dabei hat die Farbe der Hauptfigur den Vorrang vor der Farbe des Feldes. Die Farben der Beizeichen bleiben unberücksichtigt. Die Beelitzer Farben sind also Rot-Weiß. Die Stadtflagge könnte mit der Landesflagge verwechselt werden, weil Stadtwappen und Landeswappen sich bis auf die Beelitzer Beizeichen ähneln. Wegen der Vorschrift, das Wappen auch auf der Flagge zu führen, kommt keine völlige Identität zustande. Eine rot-weiße wie eine rot-weiß-rote Flagge wären regelgerecht.