Brandenburg

Stadt Luckenwalde

In Blau ein durchbrochener goldener Renaissanceschild, von Gold belegt mit zwei schräggekreuzten Krummstäben, bewinkelt vorn und hinten von je einem sechsstrahligen Stern und unten von einem Nadelbaum; der Schild wird silbern bekrönt von einem durchbrochenen Nest mit einem seine vier Junge fütternden Pelikan.

Das Luckenwalder Stadtwappen - Geschichte und Symbolik

Die Besiedlung des Luckenwalder Gebiets reicht mindestens bis zur großen Völkerwanderung zurück. Den ursprünglich hier ansässigen germanischen Stämmen folgten die slawischen Wenden, die wiederum von deutschen Siedlern verdrängt wurden. Nur wenige Spuren, Reste von Burgwällen oder der mächtige Marktturm, lassen die wechselvolle Geschichte erahnen. 1216 findet sich der Name Luckenwalde erstmals in einer Urkunde. 1285 wird Luckenwalde zusammen mit 11 umliegenden Dörfern an das Kloster Zinna verkauf. Zu den heimatgeschichlichen Eckdaten gehört eine Urkunde vom 9. Januar 1430, durch die Luckenwalde "stadtartige Rechte", wie das Braurecht, zugebilligt wurden. Trotzdem wurde Luckenwalde auch weiterhin Dorf, Flecken oder Städtlein genannt. Formell wurde Luckenwalde erst 1808 Stadt. 1540, als das Kloster dem Luckenwalder Rat die Gerichtsbarkeit in allen Polizeisachen übertrug, legte sich Luckenwalde sein Wappen (Siegel) zu, denn für Beurkundungen war es unerläßlich. Bereits das älteste bekannte Siegel (1556) trägt über dem Wappenschild einen Vogel. 1754 zeigt ein Siegelabdruck den aus der christlichen Ikonographie bekannten Pelikan.
Die Einmaligkeit des Luckenwalder Stadtwappens besteht in der Einheit von Schild und aufsitzendem Pelikan. Dieses von der Norm abweichende Wappen führte, wegen der Forderung, den Pelikan vom Wappenschild zu entfernen, zu einem über 110 Jahre währenden Streit zwischen dem damaligen preußisch-königlichem Heroldsamt, dem heutigen Brandenburgischen Landeshauptarchiv und der Stadt Luckenwalde. Endlich 1995 wurde durch die Beharrlichkeit Luckenwalder Heimatfreunde und des Bürgermeisters ein tragbarer Kompromiß gefunden. Das historische Luckenwalder stadtwappen wurde in einen normgerechten Schild eingefügt. Seine Hauptsymbolik ist auf ein Siegelbild von 1637 zurückführen. Im blauen Halbrundschild ein durchbrochener goldener Renaissanceschild (Tartsche). Die zwei goldene gekreuzte Krummstäbe weisen daraufhin, daß Luckenwalde seit 1285 zwei geistliche Lehnsherren über sich hatte. Rechts der Magdeburger Bischofsstab und links der Zinnaer Abtsstab. Die zwei goldenen sechsstrahligen Sterne deuten an, daß Luckenwalde der Gerichtsbarkeit von Magdeburg und Zinna unterstand. Sie gelten auch als Symbole für Glück und Ruhm. Eine goldene Tanne, in älteren Darstellungen auch ein Laubbaum oder nur ein Zweig, gilt als Symbol des Braurechts. Gelegentlich wird der Baum auch als Zeichen des Waldreichtums gedeutet. Als Luckenwalde 1680 zu Brandenburg kam, wurde der Baum durch einen Kurhut, oft als Bischofsmütze fehlgedeutet, ersetzt. Seit 1901 befindet sich wieder die Tanne im Wappen.
Über dem Renaissanceschild in silber ein Pelikannest mit einem seine vier Jungen fütternden Altvogel. Dem liegt frühchristliche Tiersymbolik zu Grunde. Die Pelikanmutter hat sich die Brust aufgerissen und das tropfende Blut erweckt ihre toten Jungen wieder zum Leben. Durch diese Legende wurde der Pelikan zum Symbol der Auferweckung durch das Opfer Christi. Als Wappentier soll der Pelikan die Fürsorge des Magistrats für die Bürger der Stadt symbolisieren.
Dietrich Maetz


Das Luckenwalder Wappentier - Symbol aufopfernder Hingabe

Der Pelikan, so wie im Luckenwalder Wappen dargestellt, galt seit frühchristlicher Zeit als Symbol der Auferweckung durch das Opfer Christi. Besonders seit dem 13. Jahrhundert wurde er ein beliebtes Motiv christlicher Kunst. Im "physiologus", einem im zweiten Jahrhundert entstandenen Buch frühchristlicher Tiersymbolik heißt es im Kapitel "Vom Pelikan" u.a. „...Schön spricht der physiologus über den Pelikan. Es sagt David: Ich bin gleich dem Pelikan in der Wüste (Psalm 102.7). Dieser Pelikan ist ein Vogel, die Schlange ist seinen Jungen feind. Was macht nun der Pelikan? Er befestigt sein Nest in der Höhe und macht darum einen Zaun von allen Seiten wegen der Schlangen. Was tut nun die hinterlistige Schlange? Sie beobachtet nach allen Seiten, woher der Wind weht, und von daher bläst sie den Jungen ihr Gift zu, und sie sterben sofort. Da kommt der Pelikan und sieht, daß seine Kinder tot sind. Mit seinen Flügeln schlägt er seine Seite, und das Blut tropft auf seine Kinder; und sie werden zum Leben erweckt.
Es wird nun der Pelikan dem Herren verglichen, seine Kinder aber sind Adam und Eva und unser Geschlecht; sein Nest ist das Paradies, und die Schlange ist der abgefallene Teufel. Denn es hat die erzböse Schlange die Erstgeborenen wegen des Ungehorsams angehaucht, und sie sind in ihrer Sünde gestorben. Unser Herr und Gott, aus Liebe zu uns an dem teuren Kreuz erhöht und in die Seite gestochen durch die Wolke des heiligen Geistes, hat uns das ewige Leben geschenkt.“
Als Luther die Bibel übersetzte, bemühte er sich um eine bildhafte, dem Volk verständliche Sprache. So ersetzte er z. B. im Psalm 102.7 den nur aus der Legende bekannten Pelikan durch die heimische Rohrdommel.
Quelle: Physiologus, Union Verlag Berlin 1981